Panaqolus sp. \“Alenquer\“ L397 Udo Wanninger in Amazonas Ausgabe 2/2006 Als ich im Mai 2005 ein Schweizer Aquariengeschäft besuchte, fielen mir sogleich die frisch eingetroffenen und aus der Quarantäne entlassenen Panaqolus sp. \“Alenquer\“ auf. Mit ihrer frischen, orange-braunen Färbung und dem markanten Streifenmuster waren sie die hübschesten Panaqolus, die ich bis dahin gesehen hatte. Die Panaqolus sp. \“Alenquer\“ hatten eine Größe von 4-5 cm und schienen überhaupt nicht scheu zu sein. Sie erinnerten mich an Panaqolus sp. L 226 (Panaqolus changae),doch waren die L 397 intensiver orange gefärbt. Panaqolus sp. \“Alenquer\“ mit seiner sehr feinen Kopfzeichnung ist mittlerweile mit der L-Nummer L 397 bezeichnet worden (WERNER 2005). Zu Hause angekommen, setzte ich die Tiere zusammen mit einigen Peckoltia sp. L 134 und einem jungen Panaque in ein mit viel Holz bestücktes 500-l-Becken. Die Tiere zeigten sich anfangs auch bei mir überhaupt nicht schüchtern. So eroberten sie sogleich den Platz an der Futterstelle, sogar noch vor den L 134, die auch nicht gerade als schüchtern bezeichnet werden können. Mit der Zeit zogen sie sich aber immer mehr zurück und zeigten sich nach einigen Monaten nur noch bei diffusem Licht. Die Tiere wuchsen bei 28-29 °C, pH 6-6,5 und einem Leitwert von 50-100 µS/cm zügig heran. Dabei legte ich großen Wert auf sauberes Wasser, das ich wöchentlich bei einem 60%igem Teilwasserwechsel mit reinem Regenwasser ersetzte. Ebenfalls große Beachtung schenkte ich einer vielseitigen Ernährung, die vor allem verschiedene Tabs mit Holzanteil und rohes Gemüse umfasste. Ganz wichtig erscheint mir, dass genügend weiches Holz zur Verfügung steht, an welchem die Tiere gern herumraspeln. Die Panaqolus sp. L 397 fraßen aber auch gern verschiedenste Frost- und Lebendfuttersorten, die eigentlich für die Peckoltia sp. L 134 bestimmt gewesen waren. Gefiltert wurde das Becken über einen leistungsstarken Vierkammer-Filter, der mit Filtermattenwürfeln und Siporax bestückt war. Die angebotenen Höhlen nahmen die Tiere nicht an, sondern versteckten sich lieber unter dem Holz. Im Lauf der Zeit verloren die L 397 leider etwas von ihrer intensiven orangebraunen Färbung. Die Männchen bildeten auf dem ganzen Körper winzige Odontoden (Hautzähnchen) aus, die hauptsächlich am Schwanzstiel deutlich zu sehen waren. Diese Bestachelung erinnert mich in Bezug auf die Stärke sehr an Peckoltia sp. L 134. Diese sekundären Geschlechtsmerkmale waren außerdem noch an den Brustflossen und dem Interoperculum deutlich zu erkennen. Die Weibchen hingegen wirkten hübscher, weil ihr Zeichnungsmuster durch die Odontoden nicht beeinträchtigt wurde. Auch waren sie etwas kleiner und wirkten fülliger. Aufgrund der offensichtlichen Geschlechtsreife meiner Tiere beschloss ich, sie in das eigens für sie hergerichtete Zuchtbecken umzusiedeln. Auch dieses Aquarium war mit vielerlei Savannen- und Mangrovenholz bestückt. Außerdem legte ich unglasierte Tonplatten kreuz und quer aufeinander, so dass eine Fülle von Verstecken und Hohlräumen entstand. Somit hatten die L 397 ihre Ruhe und konnten sich bei Bedarf zurückziehen. Das Zuchtbecken blieb ohne Bodengrund, weil Panaqolus viel abgeraspeltes Holz hinterlassen, das in einem Becken ohne Bodengrund einfacher abgesaugt werden kann. Die Wahl der geeigneten Welshöhle bereitete mir etwas Sorgen, denn bei WERNER (2005) war die zu erwartende Gesamtlänge der Fische mit 15 cm angegeben worden. Meine Tiere wiesen aber schon mit 9 cm Länge deutliche Zeichen der Geschlechtsreife auf. Da aber meine Panaqolus bisher nur selten Höhlen aufgesucht hatten, entschloss ich mich, sechs neue Höhlen unterschiedlicher Größen und Formen anzubieten, die gut ins Holzlabyrinth geschoben werden konnten. Außerdem gab ich des Öfteren eine Handvoll getrockneter Eichenblätter ins Aquarium, auf denen sie regelmäßig herumkauten. Ein paar Erlenzapfen verliehen dem Wasser eine bernsteinähnliche Farbe; sie sollen zudem entzündungshemmend wirken. Jetzt befanden sich die Tiere bereits seit neun Monaten bei mir, hatten eine Grösse von 9-11 cm und waren geschlechtsreif. Ich wollte die Fische nun gezielt zum Ablaichen bewegen. Deshalb versuchte ich, eine Trockenzeit zu simulieren, indem ich die Temperatur auf 26 °C senkte. Mit Leitungswasser und Diskusmineralien hob ich den pH-Wert langsam, aber stetig innerhalb mehrerer Tage von pH 6,5 auf pH 7,8 an und erhöhte gleichzeitig den Leitwert von 60 auf 700 µS/cm. Diesen Zustand mit seltenem Teilwasserwechsel wollte ich für acht Wochen beibehalten und anschließend mit einem täglichem kleinen Wasserwechsel den Leit- sowie den pH-Wert drastisch reduzieren. So wollte ich die Regenzeit nachahmen, in der Hoffnung, dass die Panaqolus anschließend ablaichen würden. Jedoch – es kam gänzlich anders. Schon am ersten Tag, nachdem pH 7,8 und 700 µS/cm erreicht worden waren, tummelte sich ein Weibchen mit sichtbarem Laichansatz ständig vor einer Höhle von 15 cm Länge mit einer Öffnung von 3,5 x 3,5 cm. Die Höhle war nun doch von einem Männchen angenommen worden, was mich sehr erstaunte, da sie die kleinste und bisher zur Nachzucht von Peckoltia L 134 verwendet worden war. Das Männchen vertrieb aber das auf und ab schwimmende und in die Höhle hineindrängelnde Weibchen stets mit kräftigen Schwanzflossenhieben. Dieses Balzverhalten fand ununterbrochen statt, und wann immer ich an diesem Tag vor dem Becken stand, konnte ich dem Treiben zusehen. Die beiden waren so in das Balzverhalten vertieft, dass sie meine Anwesenheit und den Schlauch, mit dem ich das bodengrundlose Becken von Holzspänen befreite, gänzlich ignorierten. Am darauf folgenden Morgen war das Weibchen in der Höhle des Männchens, das den Höhleneingang mit dem Körper versperrte, verschwunden. Ich vermied fortan jegliche Arbeit am Becken und hielt mich nur dann davor auf wenn es unbedingt nötig war. Es dauerte 48 Stunden, bis das Weibchen die Höhle wieder verließ. Ich konnte mit meiner Taschenlampe nur ein einzelnes Ei entdecken, vermutete aber hinter dem schützenden Körper des Männchens noch weitere. Es gelang mir leider nicht zu erkennen, ob die Eier lose herumlagen oder ob es einen Eiklumpen gab, wie es bei anderen Harnischwelsen üblich ist. In der nächsten Zeit machte ich täglich einen kleinen Teilwasserwechsel von 10 % und senkte damit den pH-Wert auf 6,5 sowie den Leitwert auf 200 µS/cm. Sauberes, nitratarmes Wasser erscheint mir für eine erfolgreiche Zucht unabdingbar. Fünf Tage nach der Eiablage überführte ich die Welshöhle samt dem Männchen in ein mit Luftheber versehenes Einhängebecken von 12 x 20 cm Größe. Ich befürchtete, dass die freischwimmenden Larven im Labyrinth aus Holz, Eichenblättern und Tonplatten ansonsten verloren gehen könnten. Den Welsvater schien der Umzug ins Einhängebecken nicht zu stören. Kurz nach dem Absetzen am neuen Ort begann er sogleich wieder mit dem typischen Wedeln der Brustflossen, um das Höhleninnere mit frischem Wasser zu versorgen. Am Morgen des siebten Tags lag eine lebende Larve vor dem Höhleneingang. Die Welslarven waren somit nach sechs Tagen Brutzeit geschlüpft. Aus Furcht, das Männchen könne einen plötzlichen Heißhunger verspüren und die Jungen verspeisen, legte ich noch ein kleines Stück besonders weiche Mangrovenwurzel ins Einhängebecken. Zwei Tage nach dem Schlupf lagen bereits vier Larven vor der Höhle, die das Männchen vermutlich herausgewedelt hatte. Die drei Tage alten Larven waren aber schon so bewegungsfreudig, dass ich beobachten konnte, wie eine nach der anderen wieder die schützende Dunkelheit der Höhle aufsuchte und unter dem Körper des Männchens verschwand. Während dieser Zeit fütterte ich im Einhängebecken nicht, weil die Larven von ihren Dottersäcken zehrten und ihr Vater während der gesamten Brutpflege genügend beschäftigt war. Den Luftheber, der das Einhängebecken fortlaufend mit Wasser aus dem Aquarium versorgte, stellte ich auf volle Leistung, so dass der Inhalt schätzungsweise dreimal pro Stunde ausgetauscht wurde. Zusätzlich legte ich einen Sprudelstein hinein, der den Inhalt des Einhängebeckens leicht umwälzte und das Wasser mit Sauerstoff anreicherte. Fünf Tage nach dem Schlupf schüttelte ich die Jungwelse aus der Höhle. Eine grobe Zählung ergab 39 Larven und ich war sehr erfreut über die stattliche Anzahl. Ich legte noch zwei Eichenblätter ins Zuchtbecken und setzte vier Turmdeckelschnecken hinein, die die Futterreste vertilgten. Ein 1,5 cm großer Antennenwels-Jungfisch sorgte durch sein stetiges Abweiden des Beckenbodens dafür, dass kein gefährlicher Pilzrasen entstehen konnte. Das Panaqolus-Männchen überführte ich wieder ins Zuchtbecken, wo es noch am selben Tag wieder seine Lieblingshöhle bezog. Sieben Tage nach dem Schlupf war der Dottersack der Jungen nur noch ansatzweise zu erkennen. Ich begann, die Tiere zweimal täglich zu füttern. Als Futter verwendete ich während der ersten Woche abwechselnd Cyclop-Eeze, zerbröckelte Sera-Tabletten sowie zerkleinerte Futtertabletten mit Holz- und Algenanteil. In der ersten Zeit wurde das Becken zweimal täglich von den Futterresten und dem Mulm befreit, die die Jungwelse, der Antennenwels und die Turmdeckelschnecken hinterließen. Gleich darauf fütterte ich von Neuem. Es war mir ein Anliegen, den jungen Panaqolus reichlich Futter zukommen zu lassen, denn sie befanden sich stets eng zusammen in einer Ecke oder versteckten sich unter den Eichenblättern. Ein Suchen nach Fressbarem konnte ich nicht feststellen. Die Larven wuchsen in dem Einhängebecken zügig heran. Verluste konnte ich keine feststellen. Nach vier Wochen setzte ich die Jungwelse in ein für sie eingerichtetes Aufzuchtbecken um. Ich stelle mir die Frage, was denn nun der Auslöser für das Ablaichen der Panaqolus gewesen ist. Reiner Zufall, die Anhebung des Leitwerts oder doch die Veränderung des pH-Werts? Drei Wochen nach dem Schlupf der ersten Larven konnte ich ein Weibchen mit kräftigem Laichansatz erkennen und versuchte deshalb nochmals, die L 397 mit Anhebung des Leit- und pH-Werts zum Ablaichen anzuregen. Das gelang mir auch, denn schon einen Tag nach dem Anheben der Wasserwerte lag ein Männchen mit einer Eiertraube in der Höhle und bewedelte die Eier mit frischem Wasser … Ob das nun der Schlüssel zur Zucht für verschiedenste Panaqolus-Arten ist oder ob es nur bei Panaqolus sp. L 397 funktioniert, vermag ich nicht zu beurteilen. Das wird sich aber im Lauf der nächsten Monate zeigen. Ein prachtvoller Anblick: etwa 3 cm große Nachzuchttiere von Panaqolus sp. L 397. Foto: U. Wanninger Ein prachtvoller Anblick: etwa 3 cm große Nachzuchttiere von Panaqolus sp. L 397. Foto: U. Wanninger Das Aquarium für meine L 397. Foto: U. Wanninger Das Aquarium für meine L 397. Foto: U. Wanninger Detailaufnahme: die Tiere haben die Höhlen bezogen. Foto: U. Wanninger Detailaufnahme: die Tiere haben die Höhlen bezogen. Foto: U. Wanninger Adultes Exemplar von L 397. Foto: H.-G. Evers Adultes Exemplar von L 397. Foto: H.-G. Evers Der dicht bestachelte Schwanzstiel des Zuchtmännchens. Foto: U. Wanninger Der dicht bestachelte Schwanzstiel des Zuchtmännchens. Foto: U. Wanninger Das Männchen in der Höhle und mit dem Gelege wurde in ein Einhängebecken umgesetzt. Foto: U. Wanninger Das Männchen in der Höhle und mit dem Gelege wurde in ein Einhängebecken umgesetzt. Foto: U. Wanninger Einen Tag alte Larve mit großem Dottersack. Foto: U. Wanninger Einen Tag alte Larve mit großem Dottersack. Foto: U. Wanninger Nach fünf Tagen ist der kleine Panaqolus schon anhand der Zeichnung zu erkennen. Foto: U. Wanninger Nach fünf Tagen ist der kleine Panaqolus schon anhand der Zeichnung zu erkennen. Foto: U. Wanninger Literatur: WERNER, A. (2005): Na also: Wir haben die 400 voll! D. Aqu. u. Terr. Z. (Datz)58(10):56-57. Udo Wanninger